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Informationen für Amtsleitungen und Arbeitsschutzkoordinierende: COVID-19 als Arbeitsunfall oder Berufskrankheit

Eine COVID-19-Erkrankung kann grundsätzlich einen Versicherungsfall der gesetzlichen Unfallversicherung darstellen. Unter den nachfolgend aufgeführten Voraussetzungen kann die Erkrankung von angestellten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern als Versicherungsfall (Arbeitsunfall oder Berufskrankheit) anerkannt werden.

Kein Mensch soll aufgrund seiner Arbeit gesundheitlichen Schaden nehmen – so lautet der Kerngedanke der gesetzlichen Unfallversicherung in Deutschland. Behörden und Unternehmen als Arbeitgeber tragen demnach Verantwortung für die Beschäftigten und müssen sich um sichere und gesunde Arbeitsplätze kümmern. Die Unfallkasse Berlin als Trägerin der gesetzlichen Unfallversicherung für das Land Berlin unterstützt dabei und sorgt für die beim Land Berlin oder den Bezirken angestellten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, falls doch etwas passiert. Dies gilt auch und gerade im Kontext der aktuellen Corona-Pandemie.

COVID-19 als Arbeitsunfall

Eine COVID-19-Erkrankung nach einer Infektion mit dem Corona-Virus SARS-CoV-2, die infolge der versicherten Tätigkeit eingetreten ist, kann die gesetzlichen Voraussetzungen eines Arbeitsunfalles erfüllen. Voraussetzung ist, dass die berufliche Tätigkeit gesichert die Ursache für den eingetretenen Gesundheitsschaden einer COVID-19-Erkrankung ist, zum Beispiel wenn im Rahmen der versicherten Tätigkeit ein intensiver Kontakt mit einer infektiösen Person („Indexperson“) nachweislich stattgefunden hat. Dies kann beim Kundenkontakt, aber auch beim Kontakt mit Kolleginnen und Kollegen der Fall gewesen sein.

Die Intensität des Kontaktes bemisst sich dabei vornehmlich nach der Dauer und der örtlichen Nähe. Spätestens innerhalb von zwei Wochen nach dem Kontakt muss außerdem die Erkrankung eingetreten beziehungsweise der Nachweis der Ansteckung erfolgt sein.

Lässt sich kein intensiver Kontakt zu einer Indexperson feststellen, kann es im Einzelfall auch ausreichen, wenn es im unmittelbaren Tätigkeitsumfeld (zum Beispiel innerhalb eines Bürotraktes) der betroffenen Person nachweislich eine größere Anzahl von infektiösen Personen gegeben hat und konkrete, die Infektion begünstigende Bedingungen bei der versicherten Tätigkeit vorgelegen haben.

Im Ergebnis wird die Unfallkasse Berlin in jedem Einzelfall eine abwägende Entscheidung treffen. Dabei werden alle Aspekte berücksichtigt, die für oder gegen eine Verursachung der COVID-19-Erkrankung durch die versicherte Tätigkeit sprechen. Dazu gehören auch Risiken einer Infektion im unversicherten Privatbereich.

Erstattung der Unfallanzeige

Wenn angestellte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Landes oder der Bezirke an COVID-19 erkranken und eine nachvollziehbare Vermutung besteht, dass sie sich infolge ihrer versicherten Tätigkeit infiziert haben, erstatten die Arbeitgeber als Unternehmer eine Unfallanzeige an die Unfallkasse Berlin. Dazu sind sie nach § 193 SGB VII insbesondere dann verpflichtet, wenn die Erkrankten mehr als drei Tage arbeitsunfähig werden und/oder ärztliche Behandlung in Anspruch genommen werden musste.

Die Unfallanzeige ist keine formelle Leistungsvoraussetzung. Denn Leistungen der Gesetzlichen Unfallversicherung werden „von Amts wegen“ festgestellt und bedürfen keines Antrages. Die Unfallanzeige ermöglicht aber eine frühzeitige Behandlung und Entscheidung über die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen der Weiterbehandlung. Wichtig sind die relevanten Tatsacheninformationen. Dazu gehört eine detaillierte Schilderung der mutmaßlichen Infektionsquelle auf Grundlage der Angaben der Betroffenen („… der Kollege berichtet, er sei während des Dienstes am …“). Auch weitere Angaben zu folgenden Themen helfen, der UK Berlin, das Infektionsrisiko schnell und ohne Rückfragen bewerten zu können:

  • Kontakt zu einer bekannten Indexperson (Initialen, Geburtsdatum, Datum des Positivtestes)
  • Kontakt intensiv und länger andauernd (Dauer, Beschreibung)
  • Infektiöse Personen im Tätigkeitsumfeld (Anzahl, Initialen, Geburtsdatum)
  • Besondere Arbeitsbedingungen (Dauer, Beschreibung)
  • Tätigkeit mit erhöhter Aerosolproduktion anderer (lautes Sprechen, körperliche Belastung)
  • Verwendung von MNS/MNB (Ausnahmen, Beschreibung)
  • Beachtung sonstiger Hygieneschutzmaßnahmen (Desinfektion, Lüften, Händewaschen)
  • Außerberufliche Risiken (Erklärung der Versicherten)

Gut zu wissen: Es kommt nicht darauf an, ob die Erstattenden der Unfallanzeige die COVID-19-Erkrankung als Arbeitsunfall im Sinne des Gesetzes qualifizieren. Diese schwierige Rechtsfrage entscheidet die UK Berlin auf Grundlage der ermittelten Tatsachen unter Berücksichtigung der Angaben der Unfallanzeige.

Aber auch ohne Meldung verjährt der Grundanspruch auf Leistungen der Gesetzlichen Unfallversicherung nicht. Jedoch können Leistungen im Regelfall nicht mehr als vier Jahre rückwirkend erbracht werden.

COVID-19 als Berufskrankheit

Eine durch SARS-CoV-19 verursachte Erkrankung kann auch eine Berufskrankheit (BK) im Sinne der Nr. 3101 der Berufskrankheitenliste sein, wenn die Infektion mit SARS-CoV-19 und eine Erkrankung an COVID-19 sicher nachgewiesen ist und sich Hinweise auf berufliche Verursachung konkretisieren lassen. Verdachtsfälle, zum Beispiel von Kontaktpersonen vor Eingang des Testergebnisses oder ohne Krankheitszeichen, sind wie beim Arbeitsunfall nicht zu melden. Entsprechend der Bezeichnung der BK Nr. 3101 setzt die Anerkennung voraus, dass die Betroffenen „im Gesundheitsdienst, in der Wohlfahrtspflege oder in einem Laboratorium tätig oder durch eine andere Tätigkeit der Infektionsgefahr in ähnlichem Maße besonders ausgesetzt“ waren. Bei diesen Tätigkeiten ist typischerweise von einem deutlich erhöhten Infektionsrisiko auszugehen.

Typische Handlungsfelder der Wohlfahrtspflege finden sich in der Jugendhilfe, der Familienhilfe, der Altenhilfe, Hilfe für behinderte Menschen oder Menschen mit psychischer Erkrankung und der Hilfe für Personen in besonderen sozialen Situationen. Der Nachweis einer beruflich bedingten Infektion gelingt wie beim Arbeitsunfall in der Regel über eine Indexperson. Lediglich in Fallgestaltungen, in denen insbesondere Kontakt zu vielen, unbekannten Personen mit erhöhten Infektionsrisiken bestehen, können im BK-Recht Beweiserleichterungen zum Tragen kommen, wenn Betroffene eine „besonders gefährdenden Tätigkeit“ ausüben, die sich im Einzelfall gemäß ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung aufgrund „der Durchseuchung des Umfeldes der Tätigkeit“ oder „aufgrund der Übertragungsgefahr der ausgeübten Tätigkeit“ ergeben kann.

Für Beschäftigte der Wohlfahrtspflege, die positiv auf das Corona-Virus getestet wurden, ist es ratsam, die Anzeige bei entsprechenden, insbesondere anhaltenden Krankheitszeichen durch die behandelnde Ärztin oder den behandelnde Arzt erstatten zu lassen. Auch Amtsleitungen und Arbeitsschutzkoordinierende können eine Anzeige des Unternehmens bei Anhaltspunkten für eine Berufskrankheit veranlassen.

Außerhalb der genannten Tätigkeitsbereiche Gesundheitsdienst, Wohlfahrtspflege oder Laboratorien ist derzeit keine Anerkennung einer COVID-19- Erkrankung als Berufskrankheit, sondern als Arbeitsunfall möglich. Maßgeblich sind insoweit Feststellungen des Ärtzlichen Sachverständigenbeirates Berufskrankheiten des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS), dass auf Grundlage der aktuellen epidemiologischen Erkenntnisse keine Personengruppe definiert werden kann, die ein vergleichbares COVID-19- Infektionsrisiko hat.

In den Tätigkeiten, in denen derzeit keine Anerkennung einer COVID-19- Erkrankung als Berufskrankheit möglich ist, ist jedoch die Anerkennung als Arbeitsunfall möglich. Hierdurch wird ebenfalls das Leistungsspektrum der gesetzlichen Unfallversicherung eröffnet. Die versicherten Personen sind demnach unabhängig vom Versicherungstatbestand umfassend geschützt