Alle Beschäftigten haben das Recht auf eine sichere und gesunde Arbeitsumgebung. Dieses Recht hat die Internationale Arbeitsorganisation (IAO) 2022 in ihren Kernarbeitsnormen verankert. In diesem Jahr ist es das Motto des Tages der Arbeitssicherheit am 28. April. Eine sichere und gesunde Arbeitsumgebung sollte auch vor Gefährdungen durch psychische Belastung schützen. Darauf weisen Berufsgenossenschaften, Unfallkassen und ihr Spitzenverband, die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV), hin.
Zu viele Aufgaben in zu kurzer Zeit, ein Konflikt mit dem Kollegen oder die umständlich zu bedienende Software: Stress bei der Arbeit kann viele Gründe haben. Fakt ist, dass psychische Belastung zu Erkrankungen führen kann. Insbesondere psychische und Verhaltensstörungen sind immer häufiger der Grund für Krankschreibungen. So verursachten diese beispielsweise im Bundesland Berlin im Jahr 2021 die meisten krankheitsbedingten Fehltage.
Es ist Aufgabe der Arbeitgebenden, arbeitsbedingte Risiken für die Gesundheit zu ermitteln, ihnen vorzubeugen und entgegenzuwirken. Dazu dient die Gefährdungsbeurteilung, die sowohl körperliche als auch psychische Risiken und Belastungsfaktoren erfassen soll. Dies scheint jedoch noch nicht bei allen Unternehmen und Einrichtungen angekommen zu sein. Die #whatsnext-Studie des Instituts für Betriebliche Gesundheitsberatung GmbH hat herausgefunden, dass bisher nur etwa die Hälfte (51.5 %) der befragten Organisationen eine Gefährdungsbeurteilung durchführt, die auch die psychische Belastung berücksichtigt. Im Vergleich zum Jahr 2020 hat sich dieser Anteil kaum verändert. Damals waren es 50.3 Prozent.
"Dieser Wert ist noch zu niedrig. Es ist im Interesse jedes Unternehmens, seine Beschäftigten vor Gefährdungen durch psychische Belastung am Arbeitsplatz zu schützen. Gute Arbeitsbedingungen bedeuten auch zufriedene Beschäftigte, die gerne im Unternehmen arbeiten. In Zeiten des Arbeitskräftemangels ist das nicht zu unterschätzen!", sagt Hannah Huxholl, Referentin für Arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren bei der DGUV. "Mit einer Gefährdungsbeurteilung lassen sich Themen wie Arbeitsorganisation, Arbeitsumgebung, Arbeitsaufgaben und soziale Beziehungen ansprechen und gestalten. Die gesetzliche Unfallversicherung berät zu allen Aspekten psychischer Belastung und bietet unterschiedlichste Hilfestellungen dazu."
Weitere Informationen
Das Sachgebiet "Psyche und Gesundheit in der Arbeitswelt" des Fachbereichs "Gesundheit im Betrieb" stellt hier umfangreiche Materialien zum Thema zur Verfügung. Auch das Institut für Arbeit und Gesundheit der DGUV (IAG) informiert und qualifiziert zum Themengebiet Psychische Belastung und Gesundheit bei der Arbeit. Eine Übersicht über Seminare, Praxishilfen und Veröffentlichungen findet sich hier.
Seit 2014 entwickelt die Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie (GDA) „Empfehlungen zur Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung". In der vierten Auflage werden Gestaltungsziele zum Schutz vor Gefährdungen durch psychische Belastung ins Zentrum der Empfehlungen gerückt. Die Neufassung ist hier kostenfrei herunterladbar.
Wie Arbeitsbedingungen beschaffen sein müssen, um die psychische Gesundheit von Arbeitnehmenden zu schützen, erläutert Sieglinde Ludwig, Leiterin des DGUV-Fachbereichs Gesundheit im Betrieb, in einem Interview.