Die Freiheit von Forschung und Lehre ermöglicht ein vielseitiges und dynamisches Hochschulleben. Die Hochschulleitung gibt die Aufbau- und Ablauforganisation vor. In diesem Rahmen können Professorinnen und Professoren, Labor- und Werkstattleitende oder Führungskräfte in den Fachbereichen und Fakultäten ihre Tätigkeiten in Forschung und Lehre weitgehend selbst gestalten. Die Sicherheit und die Gesundheit aller Beteiligten müssen dabei stets mitgedacht und gewährleistet werden. Die neue DGUV Regel 102-603 "Branche Hochschule" der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung unterstützt Verantwortliche dabei, dieser Verantwortung gerecht zu werden. Denn erstmals sind rechtliche Vorgaben, Normen, potenzielle Gefährdungen sowie praktikable Präventionsmaßnahmen speziell für den Hochschulbereich in einer Publikation gebündelt. Die Handlungsempfehlungen basieren auf dem Erfahrungswissen der Unfallversicherungsträger.
Prävention in einem heterogenen Umfeld
Die Förderung von Sicherheit und Gesundheit an Hochschulen beinhaltet weitaus mehr als die Betrachtung der Lehrveranstaltungen in Hörsälen. "Der Hochschulalltag hat viele Facetten", sagt Dr. Hans-Joachim Grumbach, Leiter des DGUV-Sachgebietes Hochschulen, Forschungseinrichtungen. "Von Atomreaktoren über Praktikumswerkstätten bis hin zu zoologischen Instituten - es gibt nichts, was es dort nicht gibt. Die DGUV Branchenregel wird sowohl dem Hochschulsystem in seiner Gesamtheit als auch spezifischen Bereichen in Forschung, Lehre und Verwaltung gerecht."
Organisatorische und bauliche Maßnahmen
Die knapp 90-seitige Publikation ist nach unterschiedlichen Arbeitsplätzen und Tätigkeiten an Hochschulen gegliedert. Sie zeigt auf, welche Präventionsmaßnahmen im Einzelnen dazu beitragen können, gesundheitliche Belastungen und Unfälle von Studierenden, Lehrenden oder Beschäftigten zu vermeiden. Wobei Gefährdungsbeurteilungen und Arbeitsschutzmaßnahmen nicht erst bei der Organisation der Veranstaltungen, sondern bereits beim Bau und bei der Ausstattung der Liegenschaften von Bedeutung sind. Die Schutzmaßnahmen reichen vom Anlegen geeigneter Verkehrs-, Rettungs- und Fluchtwege über die bedachte Planung von Licht, Akustik und Belüftung bis hin zur Gestaltung barrierefreier und flexibel nutzbarer Räumlichkeiten.
Besondere Ereignisse mitdenken
"Die Branchenregel thematisiert nicht nur typische Gefährdungen, wie die Arbeit in Laboren oder den Umgang mit Strom, Maschinen oder Gefahrstoffen. Sie lenkt erstmals auch den Blick auf Studiensituationen wie Praktika, Exkursionen oder Hochschulsport", erläutert Dr. Grumbach. Die Corona-Pandemie habe einmal mehr deutlich gemacht, wie wichtig es sei, Arbeits- und Gesundheitsschutz flexibel zu planen, um die Sicherheit der Beschäftigten und Studierenden jederzeit zu gewährleisten. "Verantwortliche tun gut daran, von Anfang an nicht nur Standardsituationen, sondern immer auch Sonderfälle, wie Großveranstaltungen und unerwünschte Ereignisse sowie in allen Bereichen auch psychische Belastungen mitzudenken. Dies erspart im Nachhinein viele Probleme."
Branchenregel ist ein Gemeinschaftswerk
Um möglichst viele Hochschulbereiche abzudecken, entwickelten die DGUV-Expertinnen und Experten das Arbeitsschutzkompendium im Austausch mit wichtigen Akteuren der Branche. Darunter Vertretende der Vereinigung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten, der Kultusminister- und Hochschulrektorenkonferenz, des HIS-Instituts für Hochschulentwicklung, des Verbandes für Sicherheit, Gesundheit und Umweltschutz bei der Arbeit (VDSI) sowie der Gewerkschaft ver.di.
Interessierte können die DGUV Regel 103-603 "Branche Hochschule" kostenfrei in der Publikationsdatenbank des Spitzenverbandes herunterladen.
Praxistipps zur Umsetzung arbeitsschutzrechtlicher Vorgaben
Die Branchenregeln der gesetzlichen Unfallversicherung setzen kein eigenes Recht, sondern fassen das vorhandene komplexe Arbeitsschutzrecht für eine bestimmte Branche verständlich zusammen. Sie dienen Verantwortlichen als praxisbezogenes Präventionswerkzeug: Symbole vereinfachen das Auffinden von Informationen, konkrete Beispiele und Fotos veranschaulichen die Handlungsanweisungen. Infografiken und Hinweise auf weiterführende Dokumente erleichtern die korrekte Umsetzung der arbeitsschutzrechtlichen Vorgaben.